Fakten
Was ist das Problem an Soja?
Die Sojabohne an sich ist ein tolles Lebensmittel für die menschliche Ernährung. Es geht nicht um die Pflanze an sich, sondern um die Auswirkungen und Strukturen, die vor allem gentechnisch verändertes Soja in den Anbauländern mit sich bringt. Die Nutzung von GVO-Soja als Tierfuttermittel deutet auf die Herkunft und die damit verbundenen Auswirkungen in den Anbauländern hin.
So steht der Anbau von gentechnisch verändertem Soja in Verbindung mit Waldrodung, Landraub und Menschenrechtsverletzungen in Südamerika.
Die weltweit größten Exporteure sind die Brasilien, die USA und Argentinien. Besonders in Brasilien steigen die Konflikte zwischen indigenen Gruppen und Sojafarmer:innen in den letzten Jahren stark an. Unter der Regierung Jair Bolsonaros sind die Rechte sowohl von indigenen Gruppen als auch von Kleinbäuer:innen und schwarzen Brasilianern bedroht. Großgrundbesitzer:innen sind ganz klar im Vorteil und verdrängen Menschen von ihren Gebieten, die ihnen rechtlich zustehen. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Gruppen versuchen, auf diese Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen.
Wie können wir also bedenkliches Soja im Tierfutter ersetzen? Und macht es nicht auch Sinn, in pflanzliche Eiweißquellen für die menschliche Ernährung zu investieren?
Was wird schon gemacht?
Eiweißpflanzen in Europa
Nach der Einführung der Ökologischen Vorrangflächen hat sich der Anbau von Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen, Soja und anderen Hülsenfrüchten von 2015 auf 2019 verdoppelt.[1] Besonders in der biologischen Landwirtschaft spielt der Anbau von Leguminosen vermehrt eine Rolle.[2] Der Ertrag von Soja allein reicht jedoch bei weitem nicht aus, um den Eiweißbedarf der Tierhaltung zu decken. Auch ist der Rohproteingehalt zumeist geringer als bei importiertem Soja und ein Teil der Ernte ist für den menschlichen Verzehr. [3]
Deutschland
Es wurden bereits Schritte unternommen, den Import von Sojaerzeugnissen zu reduzieren. Ein Beispiel ist die Eiweißpflanzenstrategie der Bundesregierung. Durch sie sollen regionale Wertschöpfungsketten gestärkt werden sowie die Eiweißversorgung aus eigenem Anbau gesteigert werden. Die Strategie zielt auf eine Verringerung der Abhängigkeit von Importen ab und fördert unter anderem auch den Sojaanbau in Deutschland.[4] So wurden 2019 in Deutschland auf ungefähr 29 000 Hektar Soja angebaut.[5]
Insgesamt sank der Import von Soja nach Deutschland in den letzten Jahren.[6] Der Verbrauch verringerte sich von 2010 (4 172 Millionen Tonnen) auf knapp 3 1/2 Millionen Tonnen Sojakuchen und Sojaschrot 2018. Der Verbrauch von Rapskuchen und Schrot stieg in der Zeit an und überholte die Sojabohnen in den letzten Jahren.[7]
Es gibt Zertifikate, die gentechnisch freies Futtermittel garantieren, wie Donau Soja[8] und das Neuland-Siegel[9], welches nur regionale Futtermittel erlaubt.
Ob europäisches Soja verwendet wurde lässt sich auch daran erkennen, ob für das Produkt dementsprechende Werbung gemacht wurde. Denn das europäische gentechnikfreie Soja ist teurer als „herkömmliches“ Soja und wird oft anders vermarktet.
Nach der Milch, bei der das „Ohne Gentechnik“ Siegel schon sehr bekannt ist, werden nun auch Fleischprodukte kritischer betrachtet. Supermarktketten nehmen vermehrt gentechnikfreie Fleischprodukte in ihr Sortiment auf.
Andere Eiweißpflanzen
Besonders die Nachfrage nach heimischen Bio-Ackerbohnen und Bio-Erbsen liegt über dem Angebot. Besonders viel Interesse gibt es für die Herstellung von Bio-Futtermittel. Bisher kommen die Importe überwiegend aus Osteuropa. Auch die Lebensmittelindustrie fragt verstärkt nach regionalen Eiweißpflanzen nach. Schwierigkeiten gibt es bei den Strukturen zur Aufbereitung von Bohnen und Erbsen.[10]
Milch
In den letzten Jahren wurde mehr und mehr Sojaschrot durch Rapserzeugnisse ersetzt. Besonders in den östlichen Bundesländern ist der Anteil an gentechnikfreier Milch gestiegen. [11] Gerade in Mecklenburg-Vorpommern wird sehr viel Raps angebaut und verarbeitet.
Mittlerweile bezahlen einige Molkereien einen höheren Preis für gentechnikfreie Milch, was einen Anreiz für Milchviehhalter*innen bieten kann, auf Soja im Kraftfutter zu verzichten.
Viele Molkereien kaufen sogar zum Großteil nur noch gentechnikfreie Milch ein. Wie zum Beispiel Arla Foods, die auch einen Sitz in Mecklenburg-Vorpommern hat.[12] Allerdings ist hier zu beachten, dass es bei Milch eine Umstellungsfrist von drei Monaten gibt. Das bedeutet, dass die Kuh oder das Kalb vor dem Zeitraum, in dem die Milch gewonnen wird, durchaus gentechnisch verändertes Soja gefressen haben könnte. Auch bei anderen tierischen Produkt gilt die Bedingung von gentechnisch freien Futtermittel nur für einen bestimmten Zeitraum und nicht für die gesamte Lebensdauer.[13]
In der Bio-Tierhaltung sind keine gentechnisch veränderten Futtermittel erlaubt. Eine Umstellung auf Bio kann je nach Betriebsausgangslage eine Option sein. Ein Beispiel ist ökologisch erzeugte Milch, die in der Milchmarktkrise im Vergleich zur konventionellen Milch einen höheren Gewinn einbrachte. Auch regionale Vermarktungsstrategien, die weniger abhängig sind vom Weltmarkt, können höhere Erzeugerpreise einbringen.
Schweine und Geflügel
Kann Soja ersetzt werden?
Eine Untersuchung der LLG Sachsen-Anhalt hat gezeigt, dass eine GVO-freie Schweinefütterung theoretisch möglich ist. Jedoch gibt es zu wenig verfügbare Futtermittel momentan, um alle Schweine in Deutschland zu versorgen. Zudem ist je nach Kostenkonstellation mit einer geringen Erhöhung der Futterkosten zu rechnen. Möglich sind zum Beispiel Kombinationen aus Rapsextraktionsschrot, Erbsen und Ackerbohnen.[14]
Auch in der Geflügelhaltung ist ein Ersatz von Soja durch eine Kombination von Ackerbohnen und Sonnenblumen möglich. Dies wurde im Rahmen des Abo-Vici-Projektes der Georg-August-Universität Göttingen herausgefunden.[15]
Eweißpflanzen in Mecklenburg-Vorpommern
Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird mittlerweile Soja angebaut. Die Tendenz ist steigend. Allerdings reicht der Ertrag bei weitem nicht aus, um den Eiweißbedarf der Tierhaltung hier vor Ort zu decken. Zudem fehlen die Strukturen, um Soja in größerem Maße zu verarbeiten. Dies gilt sowohl für die menschliche Ernährung als auch in größeren Mengen für Tierfutter.
Ein großes Potenzial bietet in Zukunft der Anbau von Eiweißpflanzen insgesamt für die menschliche Ernährung. Neben den noch fehlenden Verarbeitungsstrukturen müssen die jeweiligen Sorten noch durch Forschung optimiert werden.
Einige wenige Verarbeitunsgmöglichkeiten gibt es bereits in M-V. So ist das Unternehmen ProLupin, welches für Lupilove produziert, in Mecklenburg-Vorpommern ansässig. Lupine binden Stickstoff und können Teil einer Furchtfolge zwischen Hafer zum Beispiel sein. Besonders in Bezug auf die regionale Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern ist das Unternehmen interessant. Jedoch ist der Ertrag von Lupinen geringer im Vergleich zu anderen Eiweißpflanzen. Als Futtermittel sind Lupine eher weniger geeignet.
Eine andere Verarbeitungsmöglichkeit für Soja in Mecklenburg-Vorpommern ist das österreichische Unternehmen Mona Sojaland in Schwerin.
Es geht nicht nur darum, bedenkliches Soja im Tierfutter zu ersetzen: Natürlich müssen wir als Verbraucher:innen auch über unsere Nachfrage Einfluss auf dem Markt nehmen und viel weniger tierische Produkte konsumieren.
Quellen
[1]Vgl.: Deutscher Bauernverband e.V., Situationsbericht - Betriebsmittel / Futtermittel, https://www.bauernverband.de/situationsbericht-19/6-erzeugung-und-maerkte/63-betriebsmittel/futtermittel, Zugriff am 17. September 2020.
[2]Vgl.: Bund für Umwelt und Naturschutz e.V., Soja-Report, Wie kann die Eiweißplfanzenproduktion der EU auf nachhaltige und agrarökologische Weise angekurbelt werden?, Berlin 2019, S. 7
[3] Vgl.: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bericht zur Markt- und Versorgungslage: Futtermittel - 2020, S. 1.
[4] Vgl.: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Eiweißpflanzenstrategie, https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/pflanzenbau/ackerbau/eiweisspflanzenstrategie.html, Zugriff am 25.02.2021.
5] Vgl.: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bericht zur Markt- und Versorgungslage: Futtermittel - 2020, S. 1.
[6] Vgl.: OVID, Import Deutschland, Sojabohnen und Sojaschrot 2019, https://www.ovid-verband.de/positionen-und-fakten/ovid-diagramme/#gallery-39, Zugriff am 28.02.2021.
[7] Vgl.: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bericht zur Markt- und Versorgungslage: Ölsaaten, Öle und Fette – 2019, S. 52.
[8] Vgl.: Donau Soja, https://www.donausoja.org/de/ueber-uns/ueber-uns/, Zugriff am 12.01.2021.
[9] Vgl.: Neuland, https://www.neuland-fleisch.de/, Zugriff am 25.02.2021.
[10]Vgl.: Ökolandbau Informationsportal, Markt für Bio-Ackerbohnen und -Erbsen, Wachsender Markt: Jetzt mehr Bio-Ackerbohnen und -erbsen anbauen?, https://www.oekolandbau.de/landwirtschaft/betrieb/marketing/maerkte/wachsender-markt-jetzt-mehr-bio-ackerbohnen-und-erbsen-anbauen/, Zugriff am 30. April 2020.
[11] Vgl.: VLOG, Wachstum Anteile gentechnikfrei erzeugter Milch nach Region, https://www.ohnegentechnik.org/fileadmin/ohne-gentechnik/dokumente/downloads/191128_MilchRegion_D.pdf, Zugriff am 28.02.2021.
[13] Vgl.: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Hintergrundinformationen zur "Ohne-Gentechnik"-Kennzeichnung, https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/freiwillige-angaben-und-label/ohne-gentechnik-kennzeichnung-hg-informationen.html, Zugriff am 22.02.2021.
[14] Vgl.: Weber, Manfred; Ketter, Christin, Gvo-freie Schweinefütterung kann gelingen, https://www.proteinmarkt.de/aktuelles/details/news/gvo-freie-schweinfuetterung-kann-gelingen, Zugriff am 27.02.2021.
[15] Vgl.: VLOG, Eier und Geflügelfleisch ohne Soja-Futter, https://www.ohnegentechnik.org/artikel/eier-und-gefluegelfleisch-ohne-soja-futter, Zugriff am 25.02.2021.
Regionale Wertschöpfungsketten
Wir brauchen stärkere Stadt-Land-Verbindungen und ausgebaute regionale Vermarktungskonzepte sowie mehr regionale Verarbeitungs- und Veredlungsmöglichkeiten.
Faire Handelsbeziehungen
Wir müssen uns auf europäischer Ebene für gerechte Handelsbeziehungen einsetzen. Auch in unserer Region können wir z. B. durch landwirtschaftliche Partnerschaftsprojekte in den Austausch mit Menschen im Globalen Süden treten und regionale Lösungen vor Ort finden.
Transparente Lieferketten
Die gesamte Wertschöpfungskette nachzuvollziehen ist schwierig. Oft kennen die Produzent:innen und Händler:innen nur das nächste Glied in der Kette und haben keinen Einfluss darauf, wo das Produkt am Ende landet. Statistisch ist nicht nachzuvollziehen, wo ein Produkt endkonsumiert wird und welche Produktionsschritte es wo vorher durchlaufen ist.